Vom Kongo in die Zentralafrikanische Republik
Am Vorabend hätte eigentlich unser Boot aus Bayanga kommen sollen, um uns heute früh eben dahin zu bringen – war es aber nicht. Da wir außer Abwarten nicht viel tun konnten, nutzten wir die frühen Morgenstunden um etwas im Camp herumzuspazieren und Vögel und Affen zu suchen. Gerade als wir eine Gruppe Meerkatzen entdeckt hatten, hörten wir Motorengeräusche.
Wo auch immer es jetzt plötzlich herkam, unser Boot war da. Wir holten das Gepäck, warfen es ins kleine Motorboot und los ging die Fahrt den Sangha stromauf mit dem Ziel Bayanga in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR).
Die Fahrt dauerte insgesamt drei Stunden, durchweg begleitet von uns umgebenden ziemlich unberührtem Regenwald. Egal ob auf Seite des Kongo, des Kamerun oder der ZAR, nur hin und wieder waren einzelne Hütten, winzige Siedlungen und manchmal ein Fischer im Einbaum zu sehen. Über die Formalitäten an der Landesgrenze zwischen Kongo und der ZAR auf diesem Weg hatte ich mir einige Gedanken gemacht, da man als Tourist gefundenes Fressen für Geldforderungen in beliebiger Höhe ist. Letztendlich war alles aber sehr simpel. Auf der kongolesischen Seite gab es überhaupt keinen Grenzposten mehr. Das heisst wir haben auch keinen Ausreisestempel des Landes bekommen. Das hätte man wahrscheinlich schon Tage zuvor in Ouesso erledigen müssen. Auf der Seite der ZAR hielten wir mit dem Boot an zwei winzigen Ansammlungen von Lehmhütten.
Beim ersten Stopp sollten unsere Passdaten jeweils in große, wichtige Bücher von Polizei, Gendarmerie und Immigration eingetragen werden. Es war allerdings bei beiden erstgenannten niemand auffindbar und so blieb es bei der Eintragung ins Buch der Immigration. Das funktionierte sehr schnell und freundlich und die Gebühr (ob offiziell oder nicht ist unklar) hielt sich mit insgesamt 12,- Euro in Grenzen. Der zweite Stopp war nochmals bei einer Lehmhütte mit dem Schild Immigration. Hier wurden auch alle Passdaten fein säuberlich in ein großes, noch wichtigeres Buch eingetragen und wir erhielten gegen 2,50 Euro pro Person die Einreisestempel in den Pass. Man war hier sehr erstaunt, dass wir Visa hatten (obwohl man ohne diese offiziell gar nicht einreisen darf) und speziell die Quittung, dass diese bereits in Paris bezahlt waren, wurde sehr genau in Augenschein genommen. Weiter ging es nun direkt zur Doli Lodge, welche nicht weit entfernt vom Ort Bayanga, dem Tor zum Dzanga-Sangha Schutzgebiet liegt, und vom WWF gemanagt wird.
An der Lodge angekommen wurde unser Gepäck auch gleich von zwei Trägern in den Bungalow gebracht, wir bekamen den Schlüssel in die Hand gedrückt und noch ehe ich zum Trinkgeld greifen konnte, waren alle schon wieder verschwunden. Bei der gesamten Anreise hatten wir ein Riesenglück mit dem Timing, denn kurz nachdem wir unser Zimmer betreten hatten, begann es in Strömen zu regnen. Das hätte ich im dachlosen Motorboot ungern erlebt.
Wir freuten uns nun erstmal über das erstaunlich komfortable Zimmer mit großer Terrasse und Flussblick, warteten den Regenguss ab, und begaben uns kurz nach zwölf ins Restaurant, welches wunderschön direkt am Sangha gelegen ist.
Hier war genau ein Tisch für zwei gedeckt, und nachdem wir Platz nahmen, begann man auch sofort Essen zu servieren. Kurios war, dass bisher außer ‚Bonjour‘ noch niemand ein Wort mit uns gewechselt hatte. Als der Nachtisch serviert wurde, kam schließlich die Managerin der Lodge, besprach mit uns den grundlegenden Ablaufplan der folgenden Woche und wir erfuhren nebenbei, dass wir vorerst mal wieder die einzigen Gäste wären.
Da für heute noch nichts auf dem Plan stand, liefen wir am frühen Nachmittag in den ungefähr drei Kilometer entfernten Ort Bayanga.
Zum Sonntag herrschte hier ein reges Treiben. In einigen Hütten lärmte aus großen Boxen seltsame Musik und es wurde getanzt, eine Gruppe Frauen kreuzte aus der Kirche kommend und christliche Lieder singend unseren Weg und es gab einige Kuriositäten zu sehen. Zum Beispiel entdeckten wir eine sehr universelle ‚Eimer – Waschanlage‘. Das säubern eines Autos sollte 75 cent kosten, Duschwasser (für Menschen) warm war mit 15 cent und kalt mit 7 cent ausgepreist. Nicht ganz so angenehm war der Gang über den Markt, wo es auch das für diese Region typische Bushmeat, wie geräucherte Affenteile und kleine Waldantilopen im Angebot gab. Als mir irgendein blutiger Schenkel von was auch immer vor die Nase gehalten und angepriesen wurde, haben wir dann kehrt gemacht. Für einen ersten Eindruck hat es allemal gereicht. Trotz der extrem ärmlichen Verhältnisse wurden wir aber erstaunlicherweise in Ruhe gelassen. Niemand hat nach Geld gefragt oder uns anderweitig bedrängt und auch die Kinder haben sich mit Winken begnügt.
Als wir schließlich wieder zurück zur Lodge kamen, war das Restaurant plötzlich sehr gut von bewaffnetem Militär (oder ähnlichem) bewacht. Da man uns nicht aufhielt gingen wir einfach weiter setzten uns an einen Tisch, grüßten die erstaunlich zahlreich anwesenden Einheimischen und bestellten zwei Bier. Später erfuhren wir, dass die Personen am Nachbartisch der Minister für Tourismus der ZAR und seine Begleiter waren, was die Bewachung erklärte.
Nach nicht allzu langer Zeit verschwand der ganze Tross und seitdem sitzen wir am Sangha, beobachten Fischer, Hornvögel und warten auf Abendessen und funktionierendes Wifi.